Zivil-Militärischer Verbundantrag Regenerative Medizin

Unfälle mit hoher Energieeinwirkung führen zu einer umfangreichen Zerstörung und/oder dem Verlust von Gewebe (Haut, Muskeln, Knochen, Knorpel, Gefäße und Nerven), die mit schweren funktionellen Defekten einhergehen können. Verletzungen im Rahmen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr verursachen durch die einsatztypischen Bedingungen oftmals Gewebedefekte mit völlig anderen Schädigungsmustern als Traumata im Inland und bedürfen deswegen einer besonderen Therapie.

  regenerative Medizin
Ähnlich wie bei Verkehrsunfällen überleben Soldaten inzwischen die akute Phase nach einsatzbedingtem  Trauma  aufgrund der  Fortschritte in der Notfall- und Intensivmedizin, einer exzellenten Schulung der Nothelfer und gut  entwickelter Logistik häufiger  als früher. Unverändert unerreicht  ist jedoch  das Ziel  der möglichst vollständigen  Wiederherstellung gestörter Körperfunktionen. Eine vollständige Rekonstruktion anatomischer Strukturen  und eine funktionelle  Regeneration  gelingen  insbesondere bei großen Gewebedefekten bis heute  nicht. Aus wehrmedizinischer Sicht sind deshalb neue therapeutische Konzepte zur Behandlung einsatzbedingter Verletzungen zu entwickeln, um eine verbesserte Gesamtversorgung verletzter Soldaten nach dem neuesten Stand der Wissenschaft zu erreichen.

Ziel einer optimalen Behandlung verletzungsbedingter Gewebe- und Organschäden ist es, die therapeutische Lücke zwischen Trauma und Akutbehandlung einerseits und der optimalen funktionellen Wiederherstellung zur Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen andererseits zu schließen. Die Entwicklung von neuen regenerativen Therapien stellt einen wesentlichen Baustein zur Schließung dieser Fähigkeitslücke dar und ist Voraussetzung für eine weitere Verbesserung der Rehabilitation.
Das Bundeswehrkrankenhaus Ulm (BWK Ulm) und die Universität Ulm etablierten daher, einen  zivil-militärischen  Forschungsverbund  zur „Entwicklung regenerativer Therapiekonzepte zur Behandlung von erworbenen Gewebs- und Funktions-defekten“ am Standort Ulm. In diesem interdisziplinären Forschungsverbund arbeiten Forschungsabteilungen der Universität Ulm bzw. des Universitätsklinikums mit den klinischen Abteilungen des BWK Ulm eng zusammen, um spezifische, wehr- und einsatzmedizinisch relevante Fragestellungen der regenerativen Medizin  effektiv zu bearbeiten, und damit die Behandlung schwerverletzter Soldaten zu verbessern.
Hierbei ist die Abteilung Unfallchirurgie und Orthopädie des BWK Ulm an folgenden Teilprojekten beteiligt:

 

Regenerative Therapieansätze bei schweren Verletzungen der Haut

Verbundpartner:
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum Ulm, Ärztliche Direktorin: Prof. Dr. Karin Scharffetter-Kochanek

Bei verletzten Bundeswehrangehörigen kommt es, bedingt durch den Verletzungsmechanismus und die speziellen Umstände des Auslandseinsatzes häufiger als im zivilen Umfeld zu Wundinfektionen und Wundheilungsstörungen mit komplexen, entstellenden und schwierig zu therapierenden Wunden,

  regenerative Medizin
 
regenerative Medizin   die auch nach abgeschlossener Heilung psychische und funktionelle Beeinträchtigungen  für den Patienten  mit sich bringen  können. Zielsetzung des  Projektes  ist es, mit zellbiologischen, biochemischen und genetischen Ansätzen auf zellulärer und molekularer Ebene zu untersuchen, wie das anti-inflammatorische und das regenerative Potential von verschiedenen Subpopulationen mesenchymaler Progenitor-/Stammzellen der Haut zur Therapie von komplexen akuten Wunden genutzt werden kann.
 

Regenerativer Meniskusersatz

Verbundpartner:
Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Zentrum für Muskuloskelettale Forschung Ulm, Universitätsklinikum Ulm, Direktorin: Prof. Dr. Anita Ignatius

Meniskusrisse sind auch bei Soldaten häufige und schmerzhafte Kniegelenkverletzungen. In den Jahren 2008 – 2010 wurden in allen 5 Bundeswehrkrankenhäusern ca. 3000 Meniskusoperationen (Soldaten, stationär, ca. 1000/Jahr, Daten BmVg) durchgeführt. Die Therapie besteht heute insbesondere bei Rissen im nicht durchbluteten Teil des Meniskus und bei degenerativen Veränderungen in einer arthroskopischen Teilresektion des verletzten Meniskusanteils. Hierdurch steigt der Druck auf den Gelenkknorpel und es kann sich ein frühzeitiger Kniegelenkverschleiß (Arthrose) entwickeln. Ziel des Projektes ist die Etablierung eines chirurgischen Verfahrens für den Teilersatz des Meniskus.
 

Geweberegeneration nach Knorpeltrauma: Therapeutische Effekte von Antioxidantien und Wachstumsfaktoren

Verbundpartner:
Klinik für Orthopädie, Zentrum für Muskuloskelettale Forschung Ulm, Universitätsklinikum Ulm, Ärztl. Direktor: Prof. Dr. Heiko Reichel
Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Zentrum für Muskuloskelettale Forschung Ulm, Universitätsklinikum Ulm, Direktorin: Prof. Dr. Anita Ignatius

Verletzungsbedingte Knorpelschäden stellen einen starken Risikofaktor für die Entwicklung einer posttraumatischen Arthrose dar. Ziel des Projekts ist es, auf der Basis eines Antioxidans und eines Wachstumsfaktors die experimentelle Grundlage einer neuen therapeutischen Strategie für Knorpelverletzungen zu erarbeiten, die erstens den initialen Gewebeschaden begrenzt und zweitens regenerative Prozesse stimuliert.

 

Aus: Zivil-Militärischer Verbundantrag Regenerative Medizin, Stand 15.01.2012

 
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